Als erster Präsident der Zweiten Republik wurde der Neffe von Napoleon Bonaparte, Louis Napoleon, am 10. Dezember 1848 mit 5,5 Millionen Stimmen gegen vier andere Kandidaten, die alle zusammen nur 1,9 Millionen Stimmen auf sich vereinigen konnten, zum Präsidenten gewählt. Die Wahl Napoleons muss als Reaktion auf die vorangegangenen Unruhen im Staate verstanden werden. Die Mehrheit der Bevölkerung sehnte sich zurück nach Ordnung und Sicherheit.
Erfüllt von der Politik und Strategie seines berühmten Onkels versuchte Louis Napoleon das alte Empire zu seinen Gunsten wieder herzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, blieb Bonaparte aufgrund der Tatsache, dass der Präsident nicht wiedergewählt werden konnte, nur die Zeit bis zur nächsten Wahl 1852. Als erstes versuchte Bonaparte auf legale Art und Weise eine Verfassungsänderung durchzusetzen, die zum Ziel hatte, den die Amtszeit einschränkenden Artikel 45 zu revidieren. Zu diesem Zweck sammelte der Präsident mehr als 1,3 Millionen Unterschriften seiner Bürger und gründete ein eigenes Komitee. In der Deputiertenkammer stimmten nach langer Diskussion rund zwei Drittel der Abgeordneten für eine Wiederwählbarkeit des Präsidenten – da die Verfassung aber eine Hürde zur Verfassungsänderung von 75 Prozent eingebaut hatte, reichte diese Mehrheit nicht.
Staatsstreich – Übergang zum Kaiserreich
Auf legalem Wege, das konnte sich Präsident Bonaparte ausrechnen, war diese Mehrheit im Parlament aber nicht zu erreichen. Genauso wie sein Onkel entschloss er sich deshalb zu einem Staatsstreich.
Fast ein Jahr vor der nächsten Wahl zum Staatspräsidenten , in der Nacht vom 1. auf den 2. Dezember 1851, ließ der Präsident nach einem genau ausgetüftelten Plan die Kammer auflösen und führende Oppositionspolitiker verhaften. Dieser Staatsstreich gelang durch eine kluge Planung ohne größere Schwierigkeiten oder Blutvergießen. Im Januar 1852 ließ er sich durch ein Plebiszit über eine neue Verfassung vom Volk bestätigen. Die neue Verfassung, mit überwältigender Mehrheit vom Volk angenommen, sah eine zehnjährige Amtszeit des Präsidenten vor und bedeutet einen großen Sieg der Exekutive über die verhaßte Legislative.
Der populäre und charismatische Präsident hatte geschickt die Schwächen des parlamentarischen Regimes und der schlecht ausgearbeiteten republikanischen Verfassung erkannt und ausgenutzt. Die von Napoleon in Auftrag gegebene und am 14. Januar 1852 verkündete Verfassung war nach seinen Wünschen gestaltet und richtete sich bewusst an die Konsulatsverfassung von 1799. Der Staatschef (chef de l’Etat) erhielt in diesem autoritären Regime die selben Befugnisse, die schon dem «Bürgerkönig» während der Restaurationsmonarchie zugestanden hatten. Da Napoleon das parlamentarische Gegengewicht faktisch entmachtet hatte, musste er kein Gegengewicht fürchten. Dass Napoleon, dem Vorbild seines Onkels folgend, die autoritäre Herrschaft in ein Kaisertum umwandeln wollte, daran konnte kein Zweifel bestehen.