Der französische Staatspräsident kann außer im Fall des Hochverrats nicht verfassungsgemäß seines Amtes enthoben werden. Weder die eine noch die andere Parlamentskammer kann den Präsidenten zum Rücktritt zwingen.
Das hat in der Vergangenheit bereits zu Situationen geführt, in denen der Sturz der Regierung eigentlich dem Staatspräsidenten gegolten hat. Als die Nationalversammlung 1962 einen Konflikt mit Präsident de Gaulle ausgetragen hat, konnte sie ihren Unmut nur durch ein (erfolgreiches) Misstrauensvotum gegen Premierminister Pompidou und seine Regierung zum Ausdruck bringen.
Mit dieser von der Verfassung vorgeschriebenen Unabhängigkeit haben sich die Verfassungsväter eines monarchischen Prinzips bedient: „Le roi ne peut pas mal faire„. Zum Ausdruck kommt die Verantwortungsübertragung auch bei der Gegenzeichnungspflicht. Die große Mehrzahl der Akte des Präsidenten werden vom Premierminister oder einem Fachminister gegengezeichnet, der damit auch an Stelle des Präsidenten die politische Verantwortung übernimmt.
Für Handlungen, die der Präsident in Ausübung seines Amtes begeht, kann er weder straf- noch zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Eine Vernachlässigung oder Verletzung seiner verfassungsmäßigen Pflichten ist indes nicht geschützt. Bei derartigen Verstößen kann der Präsident wegen Hochverrats oder schwerwiegender Verletzung der Verfassung beim Präsidenten des Hohen Gerichtshofes angeklagt werden.
Da bislang ein solches Verfahren noch nicht eröffnet wurde, können über Strafmaß und Verfahrensvorgang keine Aussagen gemacht werden.
Strafrechtliche Belangung des Präsidenten im Amt
Mit einem Grundsatzurteil hat das höchste Zivilgericht Frankreichs, der Pariser Kassationshof, im Oktober 2001 entschieden, dass gegen einen amtierenden Staatspräsidenten keine Ermittlungen eingeleitet werden können. Der Staatspräsident genießt während seiner Amtszeit strafrechtliche Immunität. Die Richter erklärten in ihrer Urteilsbegründung ausdrücklich, dass dies auch für Taten vor Beginn des Mandats gelte. Darüber hinaus entschieden die Richter, dass der Staatspräsident auch nicht als Zeuge vorgeladen werden darf.
Für den damaligen Staatspräsidenten Jacques Chirac kam das Urteil wenige Monate vor den letzten Präsidentschaftswahlen 2002 sehr gelegen, da ihn Ermittlungsrichter bereits mehrfach als Zeugen vernehmen wollten. Chirac hatte sich aber immer mit dem Hinweis, als Präsident sei er Garant der Unabhängigkeit der Justiz und genieße damit Immunität, gegen eine Vernehmung gewehrt.
Chirac war in mehrere Affären verstrickt, die alle aus seiner langjährigen Amtszeit (1977-1995) als Pariser Bürgermeister stammten. Im Dezember 2011 verurteilte ihn ein Pariser Gericht wegen Vertrauensbruchs und Veruntreuung öffentlicher Gelder zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Das Urteil gilt als „historische Entscheidung der Justiz“ – zumal sogar die Anklage einen Freispruch gefordert hatte.
Schon während der Präsidentschaft Chiracs war seine Amtszeit als Bürgermeister Gegenstand von Ermittlungen. In den 1990er Jahren sollen dem Pariser Rathaus systematisch Bestechungsgelder in Millionenhöhe zugeflossen seien, um öffentliche Aufträge zu bekommen. Chirac behauptete stets, von dieser Praxis nichts gewusst zu haben. In diesem Zusammenhang ging es auch um die Herkunft von etwa 430.000 Euro. Chirac hatte zwischen 1992 und 1995 20 Privatreisen in diesem Wert stets bar bezahlt.