Schon einige Tage vor der Befreiung (libération) von Paris durch französische Truppen wurde am 9. August 1944 die republikanische Staatsform in Frankreich offiziell wieder eingeführt und ersetzte damit den nach der Besetzung durch deutsche Truppen gegründeten französischen Staat (État Français).
Aufgrund seines hohen Ansehens in der Bevölkerung kam General de Gaulle beim Wiederaufbau der staatlichen Strukturen eine entscheidende Rolle zu. Mit seiner Autorität vermochte er es, die staatlichen Funktionen wiederherzustellen und die auswuchernde Phase der Reinigung (épuration) zu beenden. In den Wochen nach der Befreiung war es zu völlig unkontrollierten Hinrichtungen von Kollaborateuren oder auch nur von Verdächtigen gekommen. Die Entscheidung, ob die aus dem Widerstand kommenden Bewegungen das Land künftig führen sollten oder ob die traditionellen Parteien diese Aufgaben übernehmen sollten, entschied man unter dem Druck de Gaulles zugunsten der Parteien.
Bildung einer provisorischen Regierung
Parallel zur Befreiung der französischen Hauptstadt etablierte de Gaulle eine Übergangsregierung, die vom 26. August 1944 bis zum 21. Oktober 1945 amtierte und volle Regierungsgewalt ausübte.
In die Regierung berief de Gaulle Männer der unterschiedlichsten politischen Richtungen. In der Mehrheit wurden aber den Widerstandskämpfern die Ministerämter angetragen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) traten auch Mitglieder der Partei in eine Regierung ein. De Gaulle selbst mußte in dieser heterogenen ersten Nachkriegsregierung die Rolle der Integrationsfigur übernehmen, die große Divergenzen zwischen den Lagern auszugleichen und zu überwinden hatte.
De Gaulle ging es zu Beginn seiner Amtszeit darum, Frankreich politisch und wirtschaftlich wieder «auf die Beine zu stellen», eine Übergangsregierung der Amerikaner zu verhindern und sich gleichzeitig als vierte alliierte Siegermacht in Wartestellung zu bringen.
Mit einem am 10. Dezember 1944 mit der Sowjetunion abgeschlossenen Bündnis erwog der General, sich als dritte große Kraft neben USA/England und der Sowjetunion zu etablieren. Obwohl dieses Ziel zu ehrgeizig war, konnte Frankreich mit der Aufnahme in den neu gegründeten Weltsicherheitsrat einen großen Erfolg verbuchen.
Partizipation
Schon bald nach seiner Regierungsübernahme kündigte der General die Umsetzung der Maßnahmen an, die er im wesentlichen bereits bei einer Ansprache in Algier am 1. Juli 1943 skizziert hatte. Dazu gehörten die Ankündigung eines Verstaatlichungsprogrammes ebenso wie der Versuch, eine neue Sozialordnung, die später unter dem Begriff der «Partizipation» (participation) bekannt wurde, aufzubauen.
Wirtschaftlicher Wiederaufbau
Die Ausgangslage für die französische Gesellschaft war dabei sehr bescheiden. Zwar hatte man mit 600.000 Opfern weniger Tote als im Ersten Weltkrieg zu beklagen, doch war die volle Wucht des Krieges auf Frankreich hereingebrochen. Im ganzen Land waren Städte, Brücken, Bahnhöfe, Verkehrsverbindungen und Fabriken zerstört worden und die Wirtschaft war über Jahre hinweg von der deutschen Besatzungsmacht ausgebeutet worden. Der Krieg hatte den Staat auf wirtschaftlichem Gebiet besonders hart getroffen. Gigantische Schulden, eine darnieder liegende Wirtschaft und eine große Zahl von arbeitslosen Kriegsheimkehrern wurden zu einem großen Problem.
Auf dem wirtschaftlichen Sektor entschied man sich unter dem Einfluß der Kommunisten für eine staatliche Wirtschaftsplanung und eine Verstaatlichung (nationalisation) von wichtigen Wirtschaftsbranchen wie:
- Luftfahrt,
- Banken,
- Versicherungen,
- Energiewirtschaft und
- Großkonzerne (Renault, Air France).
Darüber hinaus kam die Übergangsregierung den Arbeitern mit der Einführung einer Sozialversicherung und von Betriebsräten in Unternehmen entgegen.