Donnerstag, 30. Januar 2025
7.5 C
Paris
StartPolitikReserviert für den Präsidenten

Präsident

Reserviert für den Präsidenten

Im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik beansprucht der französische Staatspräsident für sich eine dominante Rolle. Dies gilt sowohl in einer Phase der gemeinsamen Regierungsverantwortung (Kohabitation) als auch in einer präsidentiellen Phase. Zu diesem Anspruch gehört, dass er während der Kohabitation die französischen Interessen auf internationalen Konferenzen vertritt – entweder allein oder zusammen mit dem Premierminister. Diese besondere Stellung der Verteidigungs- und Außenpolitik wird daher auch als „domaine réservé“ des Staatspräsidenten bezeichnet.

Die Verfassung selbst kennt keine explizite domaine réservé. Sie ist vielmehr in der Regierungspraxis unter Staatspräsident de Gaulle entstanden, als es unter seiner Präsidentschaft zu einer allgemeinen Machtverlagerung zum Präsidenten kam. De Gaulle hatte die Außenpolitik als wichtigste Politikaufgabe definiert und während seiner Amtszeit nicht zugelassen, dass an seiner alleinigen Verantwortung gezweifelt wird. Seine Nachfolger taten ein übriges, um diese Privilegien zu behalten.

Die Verfassung legt in Art. 14 lediglich fest, dass der Präsident die ausländischen Botschafter und außerordentlichen Gesandten beglaubigt. Auch Art. 52, der festlegt, daß der Präsident die Verhandlungen führt und die Verträge ratifiziert, kann nicht als Beleg für die außerordentlichen Kompetenzen in der Außen- und Verteidigungspolitik angeführt werden. Das gleiche gilt auch für den Bereich der Sicherheitspolitik. In Art. 15 ist lediglich der Oberbefehl des Präsidenten über die Streitkräfte festgeschrieben.

Praxis der „domaine réservé“

Das Vorhandensein einer domaine réservé zeigt sich natürlich nicht nur in der Präsenz des Präsidenten auf internationalen Konferenzen, sondern findet auch Eingang in seine Personalentscheidungen. Soweit es dem Präsidenten aufgrund der politischen Situation möglich war, berief er verdiente Fachleute und Karrierediplomaten ins Außenministerium. Damit die Außenpolitik auch tatsächlich vom Präsidenten gemacht werden konnte, griff der Staatspräsident in der Vergangenheit nur sehr selten auf ausgewiesene Politiker zurück – die Außenpolitik sollte Regierung und Parlament so gut wie möglich entzogen werden.

Der am längsten amtierende Außenminister der V. Republik (1958-1968)- Maurice Couve de Murville – hatte vor seiner Berufung das Amt des Botschafters in Bonn inne. Auch de Gaulles Nachfolger hielten sich an diese Tugend und nahmen dabei sogar einen Streit mit dem Premierminister in Kauf. Staatspräsident lehnte den von Premierminister Chirac 1986 vorgeschlagenen Jean Lecanuet als Außenminister ab, weil er glaubte, dass so das Ministerium zum Objekt parteipolitischer Auseinandersetzungen werden würde. Chirac schlug daraufhin den «neutralen Fachmann» Jean-Bernard Raimond vor – Mitterrand akzeptierte ihn.

In der zweiten Kohabitation machte der Präsident mit der Berufung des Parteipolitikers Alain Juppé (1993-1995) zum Außenminister eine große Ausnahme, wahrscheinlich weil er sein zu Ende gehendes Mandat als Staatspräsident nicht belasten wollte und keine großen Ambitionen mehr verfolgte.

In diesem Zusammenhang soll auch der Einsatz von Atomwaffen erwähnt werden. Obwohl das Parlament alleine dazu berechtigt ist, den Krieg zu erklären, fällt die Entscheidung über Einsatz der strategischen Atomwaffen alleine dem Präsidenten zu.

Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein